Wie alt ist dieser Brauch? Was bedeutet er? Woher stammt er und warum hat er diesen hohen Stellenwert in der heimischen Bevölkerung? Diese Fragen zu beantworten ist nicht so einfach wie man vielleicht denken mag.
Wann und woraus dieser Brauch entstanden ist, kann man heute noch nicht mit Sicherheit sagen. Fakt ist, dass zum jetzigen Zeitpunkt der Verein Tauriska in Kooperation mit den Pinzgauer Tresterer Gruppen ein dreijähriges Forschungsprojekt betreibt, mit dem Ziel all diese Fragen zu klären und in einem Buch niederzuschreiben.
Vieles ist umstritten, vor allem die Herkunft des Tanzes der damals wie heute nur im Pinzgau ausgeübt wird. Die Pinzgauer Tresterer gehen davon aus das sich der Tanz, das Brauchtum, über Jahrhunderte entwickelt hat. "Doa duads von Droad austretn her kemma". Das Austreten des Getreides mit den Füßen wird hier als Ursprung gedeutet. Aus dieser harten, monotonen Arbeit ist dann der rhythmische Stampftanz der Tresterer entstanden.
Damals wie heute sind die Bauern auf fruchtbaren Boden und eine ertragreiche Ernte angewiesen. Kommt nun etwas Aberglaube und Bezug zum mystischen hinzu, liegt es auf der Hand warum die Tresterer mitsamt Gefolgschaft an den Bauernhöfen so willkommen sind. Sie bringen reichen Erntesegen, Fruchtbarkeit, Glück und Gesundheit. Die Begleitfiguren der Tänzer wehren Unheil ab, Naturkatastrophen, schützen das Vieh und sollen böse Geister, Dämonen vom Hof vertreiben.
Die Brauchtumsfiguren der Saalfeldener Tresterer:
Der Auftritt der Tresterer variiert von Ort zu Ort. Aufgrund der Distanz und der regionalen Unterschiede hatte sich damals wie heute jede Gruppe eigenständig entwickelt. Im Großen und Ganzen läuft es aber nach dem gleichen Schema und Hintergrund ab. Auch die Tänze unterscheiden sich leicht in ihren Schrittfolgen zwischen den Gruppen. Im Wesentlichen basieren sie aber heute auf den Aufzeichnungen von Fr. Ilka Peter aus dem Jahr 1940. Ohne ihre akribischen Recherchen wäre es uns heute unmöglich diesen Brauch auszuführen, da er in den wirren des Krieges verloren ging. Bis dahin wurde er in zahlreichen Pinzgauer Dörfern ausgeübt. Zur 1000-Jahr-Feier von Stuhlfelden wurde 1963 erstmals wieder eine Tresterer-Pass gegründet. 1984 folgten die Zeller, danach die Brucker mit einem Verein im Jahr 2004. 2015 die Wiedergründung der Tresterer in Saalfelden.
In ihre kostbaren Gewänder gekleidet zählen die Tresterer zu einer ganz besonderen Form der Perchten: Den Schönperchten.
Die "Gainzl", die Hahnen- oder Tresterer-Krone. Geschmückt mit weißen Hahnenfedern, Spiegeln und Klosterarbeiten. Das "Heiligtum" jedes Tresterers ist ein Unikat, wird in Eigenarbeit angefertigt und von den Tänzern individuell gestaltet. Die an die 50 weißen Federn stehen für Stärke und Mut. Lange, bunte Bänder verschleiern das Gesicht der Perchten und verleihen ihnen etwas Mystisches. Die Farbe Rot steht für die Abwehr von Unheil. Weiß für die Reinheit, Gelb ist die Farbe der Schönheit, Grün steht für Fruchtbarkeit. In den Spiegeln sollen sich Geister und Dämonen selbst erblicken und derart erschrecken, dass sie das Weite suchen.
Der kostbare "Ranzen", ein Ledergurt mit Stickereien. Die Schafwoll-Schwendling (Strümpfe ohne Fußteil) und die aufwendigen Tresterer-Schuhe machen den Stampftanz der Tresterer zu einem ganz besonderen Schauspiel. Das Tresterer-Tüchl, welches jeder Tänzer in seiner Rechten hält, symbolisiert vermutlich das Weibliche. Perchtenfiguren gehen zurück auf die Sagengestalt Frau Perchta - sind somit weibliche Figuren. Es wird auch als Zeichen von Würde gedeutet und soll mit magischen Kräften versehen sein.
Die Saalfeldener Tresterer sind ausschließlich in den Rauhnächten ab dem 21. Dezember, der Thomasnacht, unterwegs.
Eine traditionelle Ausnahme stellt hier der alljährliche, öffentliche Auftritt im Museum Schloss Ritzen dar. Dieser Termin wurde jahrelang von den Zeller Tresterern wahrgenommen, um den
Brauch auch in Saalfelden lebendig zu halten. Nun wird dieser Auftritt von uns weiter geführt.
Wenn es dämmert, allmählich die Nacht hereinbricht, macht sich die Tresterer-Pass mit viel Lärm und Getöse auf ihren Weg zu den
Höfen. Die "Schenen" folgen ihnen auf leisen Sohlen durch die kalte Winternacht.
Als Erstes stürmen die "Schiachen" und alle Begleiter des Perchtenzugs in die Bauernstube und sorgen für reichlich Unruhe, Spaß und Schrecken.
Danach folgt der "Honswurscht" der mit seiner Lederwurst Platz für die Tresterer schafft und nach dem" Honswurschtgsatzl" das Kreuzzeichen "einschlägt", welches für die vier Himmelsrichtungen steht.
Gebs jetz a Ruah und passts guad auf, de Tresterer vo Soifen mochn heit ean Lauf!
Doa duads vom Droad austretn her kemma und soid enk Glück und Segen bringa!
Mitgnumma hob i neben de Scheeperchten an Kropfnschnoppa, Lopp un Lappin, Hennapercht und Howagoaß, owa a de Schiachperchtn, an Bärn, an Oasiedler und a poar Musikanten
hob i mitgnumma auf insara Roas! I ois Honswurst muaß jetz zerscht a Kreiz eischlong,
donn kennan de Tresterer ean Tonz vortrong! Zum Schluß legt de Hennapercht no a Oa,
soid enk Fruchtborkeit bringa im neichn Joahr!
Und so wünscht eich de Tresterer Pass von Soifen fürs kemmande Joahr, owa a für eia weiteres Leibn,
an Fried, an G´sund und an Reim!"
Die Vorpercht, der Vortresterer, "hobelt" (ein spezieller Schleifschritt) zum Auftakt über den Holzboden und die Tresterer nehmen Aufstellung für ihren uralten, mystischen Stampftanz. Erst ein stummer Trischlag, dann der Spieltanz, begleitet von den Musikanten. Schleicher, Hacker, Plattler, Stampfer und andere Schrittfolgen und Sprünge, alles synchron zu den Tönen der Klarinetten. Anschließend wieder ein Trischlag ohne musikalische Begleitung, der Aufhörer. Nachdem so der Boden geweckt wurde und dem Hof ein fruchtbares Jahr bevorsteht, geleitet der Hanswurst die Tresterer wieder aus dem Raum.
Der Einsiedler verteilt seinen Segen und die "Hennapercht" hat ihren Auftritt. Zur Belustigung aller legt sie zum Abschluss ein Ei, als Sinnbild für das neue Leben das im Frühjahr entsteht. Bevor nun der Perchtenzug wieder in der Dunkelheit verschwindet, gibt´s noch eine großzügige Bewirtung durch die Bauersleut´.